Für den Kulturhöhepunkt unserer Rundreise nutzen wir die Möglichkeit stilecht mit dem Zug nach Ayutthaya zu fahren. Da kann sich Illya als alter Bahn’ler gleich mal ein Bild von den vor Ort herrschenden Verhältnissen machen: Dieselloks von anno dazumal und Klos, auf die man seine ärgsten Feinde nicht schicken möchte. Nebenbei können wir noch moderne Weichenstellwerke (die wurden wohl in Deutschland erst in jüngerer Zeit von manuell mechanisch auf elektrisch umgestellt) neben nicht verschweißten lückenhaften Gleisen („ratatata“) begutachten. Sehr zu empfehlen ist die Bahnfahrt schon alleine, weil man hier noch während der Fahrt seinen Kopf in den Wind raus hängen kann.
Der Besitzer von unserem Gästehaus empfängt uns sehr freundlich und lädt uns erstmal auf einen Tee und ein paar von den sehr leckeren Gebäck-Samosas ein, die er erst aus Indien mitgebracht hat. Er erzählt uns, dass er die letzten Jahre in Sydney gelebt hat, aber dummerweise auch noch das Hotel hat und eben nicht dauerhaft in Australien bleiben kann. Irgendjemand muss sich ja um die Gäste kümmern. Blöd für ihn, gut für uns. Er kümmert sich nämlich auch sonst sehr gut um uns und besorgt am zweiten Tag unter anderem einen Berg voll Obst und Hühnchen, weil das eigentlich kostenlose Frühstück am Thai-Stand nebenan daran gescheitert ist, dass dessen Besitzer krank geworden ist. Außerdem bekommen wir noch Fahrräder für lau. Bestens, denn mit dem Fahrrad ist man in dieser Kleinstadt (zumindest im historischen Altstadtviertel) sehr gut aufgehoben und kommt einfach an alle wichtigen Plätze.
Um nicht wie die Kulturbanausen nur zwischen den Ruinen der alten Königsstadt rum zu rennen und Selfies zu machen, wollen wir uns wenigstens im lokalen Museum für Geschichte ein paar Bildchen mit Erklärungen anschauen. Wir radeln also fleißig entlang der großzügigen Straßen und versuchen durch „nachmachen“ die Verkehrsregeln nicht zu auffällig zu übertreten. Wann hier wer an einer Kreuzung fahren darf, verstehen wir nämlich erst mal gar nicht, bis wir dann irgendwann die Ampeln auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdecken. Bei einfachen Links-vor-Rechts Kreuzungen mit Hauptstraßen sind wir dann einfach drüber, wenn es die anderen auch gemacht haben. Passt schon, ein Hupen bedeutet hier ja eh was anderes als in Deutschland. Am Museum angekommen, müssen wir zu Illya’s Freude feststellen, dass es geschlossen ist. Angeblich wegen „Problemen mit Strom“. Dann gehen wir uns die Steinhaufen eben ohne Vorbildung anschauen.
So spannend wie erhofft, sind sie leider nicht. Viel ist von der alten Prachtstadt mit all den Tempel- und Palastanlagen nicht übrig geblieben und ohne die Geschichte dazu sind es eben doch nur Mauerreste. Hoffentlich hat die Stadt den Welterbe-Status nicht nur wegen dem eingewachsenen Buddhakopf erhalten. Wir entscheiden uns dann lieber mit dem Fahrrad rum zu cruisen und nach Essen Ausschau zu halten, wenn denn hier mit der Kultur eh nicht viel los ist. So entdecken wir neben einem (nicht so dollen) Fischrestaurant am Fluss auch den Nachtmarkt. Auf dem finden wir dann die nächsten Abende immer fantastisch gutes Essen, unter anderem „ventilierten“ Red Snapper.
Am nächsten Tag trauen wir uns noch ein zweites Mal zur Touristeninformation, nachdem wir uns am ersten Tag von den aufgeregten „endlich können wir mal englisch sprechen“-Mitarbeitern nur einen Stadtplan abgeholt haben. Diesmal fragen wir sie aus und erfahren, dass es außerhalb von der Altstadt noch ein holländisches und ein japanisches Viertel gibt und am nächsten Tag der Geburtstag vom König mit einem kleinen Lichterfest gefeiert wird.
Als Ayutthaya Hauptstadt war (1351 bis 1767), lag die Stadt noch nahe am Meer (heute ist sie ca. 100 km landeinwärts) und der Handel mit den Ausländern florierte. Die durften ihre Häuser und Lager nicht innerhalb der Stadtmauern aufbauen, sondern haben gesonderte Viertel außerhalb zugewiesen bekommen. Wir suchen uns das nähere holländische Viertel aus, weil wir über den Fluss müssen und auf der Nusschale von Boot unsere Fahrräder keinen Platz haben. Auf der anderen Seite laufen wir an der großzügigen Tempelanlage mal einfach vorbei („och nö, nicht schon wieder Tempel“) und gehen direkt zum holländischen Viertel. Dass sich dieses „Viertel“ dann doch nur als holländisches Haus entpuppt, erschüttert uns mittlerweile nicht mehr. Jetzt wissen wir wenigstens warum die Mädels in der Touristeninformation so gekichert haben, als wir fragen wie lange wir dort zum Angucken brauchen. Immerhin haben die Besitzer mit Unterstützung der niederländischen Königsfamilie ein Museum im oberen Teil des schön renovierten Anwesens eingerichtet. Wir informieren uns mit großer Freude (Kultur ist ja bis jetzt viel zu kurz gekommen) über den Einfluss und die Entwicklung der Holländer als Seemacht zur Kolonialzeit im asiatischen Raum (Niederländische Ostindien Kompanie, Goldenes Zeitalter).
Der Königsgeburtstag am nächsten Tag (5.12.) ist auch noch mal ein Ereignis für sich. Wir wissen ja schon, dass in Thailand die Liebe und Loyalität zum König Bhumibol die Nation zusammenhält. Außer den vielen (vielen!) Bildern immer und überall haben wir davon aber noch nicht wirklich was mitbekommen. Heute ist sein Geburtstag (er ist inzwischen 88 und noch vor Königin Elisabeth das „am längsten amtierende Staatsoberhaupt“) und wir denken uns, dass wir uns ruhig mal ein Thai-Fest anschauen können und fahren am frühen Abend zum Festplatz vor der Touristeninformation. Wir lauschen dort als „Ehrengäste“ der klassischen Thaimusik (ist nicht nur für uns eher einschläfernd) und beobachten bei der Tanzshow zur Geschichte der Thais wie stark sich Hände willentlich verbiegen können. Am spannendsten sind trotzdem die Show-Kämpfe der Muay-Thai-Kämpfer. Während der zwei Stunden lächeln wir natürlich total fröhlich und nicht schläfrig (!) in die immer wieder auf uns gerichteten Kameras. Am Ende gibt es noch ein gemeinsames Kerzenanzünden, das Hymne-im-Stehen-Singen und das vermutlich von allen einzig erwartete Feuerwerk. Wir verdrücken uns bald und machen lieber den Nachtmarkt unsicher. Rumsitzen macht ja auch hungrig.