Ja, Goergetown auf der Insel Penang ist eine Stadt, in die wir jederzeit wieder zurückkehren würden. Warum? Ich versuche mal den Eindruck zu beschreiben, den sie bei uns hinterlassen hat.
Die Anreise von den Cameron Highlands nach Penang ist unkompliziert: wir fragen in unserer Unterkunft nach einem Bus und wählen dann ohne Umstände eine Zeit aus, für die wir direkt ein Ticket bekommen. Unsere „Dame“ an der Rezeption ist super freundlich und klärt die Reservierung einfach per Telefon. Wir müssen nur noch an dem vereinbarten Ort warten und in den richtigen Bus einsteigen. Der Ort ist „vorn an der Hauptstraße, neben der Touristeninformation“. Ja, es spielt keine Rolle, dass es 100 m weiter hinten einen richtigen Bubahnhof mit Wendeschleife und so weiter gibt! So ist das hier in Südostasien eben, da ist nicht immer alles logisch oder zumindest auf den ersten Blick nachvollziehbar.
Der Überlandbus fährt uns am nächsten Tag nur zu dem großen außerhalb gelegenen Busbahnhof auf der Insel. Nach dem Aussteigen folgt bei den Passagieren einvernehmliches Rätselraten: „Sind wir echt schon da? Wir haben doch das richtige Stadtzentrum von Georgetown von der Brücke aus gesehen“. Alle, bis auf die, die sich für viel Geld ein Taxi leisten, stellen sich die gleiche Frage: „Wie kommen wir jetzt in die Stadt?“ Keiner versteht so richtig den Fahrplan und alle hoffen mit ihrem Reiseführer in der Hand, dass ihnen das irgendjemand sagt, ohne dass sie fragen müssen. Für uns wäre Taxi fahren ein bisschen wie Beschiss, immerhin wollen wir möglichst günstig reisen und uns nicht vor dem Auseinandersetzen mit den Landsleuten drücken. Da fällt die Wahl zwischen einer abenteuerlichen Busfahrt für 4RM (0,90€) mit Kontakt zu verrückten Omis und kichernden Schulmädchen oder einem bequemen Taxi für 70RM (14€) nicht schwer.
Georgetown empfängt uns gleich am Einfallstor zur historischen Altstadt neben dem größten Shoppingcenter mit offenen Armen (und natürlich mit vielen „Taxi Taxi“-Rufen). Ein kurzer Spaziergang durch die angenehm hektischen Gassen, wie immer mit vollem Gepäck zur späten Mittagszeit, führt uns zu unserer ersten Unterkunft. Wir erkennen schnell, dass die Stadt nach unserem Geschmack ist. Unzählige Cafés und Restaurants konzentrieren sich in der Altstadt und das zum größten Teil auch noch in historisch (sicherlich) wertvollen Häusern. Ganz oft haben sie eine so schön verzierte Holz- oder Steinfassade, dass wir uns fragen, wer hier gelebt hat und womit er soviel Geld verdient hat. Zwischen den unzähligen Essmöglichkeiten gibt es Minilädchen und Mini-Unternehmen wie Roller- und Tischler-Werkstätten, Tee-Häuser und natürlich Läden mit Krimskram (Souvenirs, Uhren, Gold und Silberschmuck, etc.).
Es ist das Touristenparadies, auch für Einheimische – immerhin wissen da alle gleich, wo sie hin müssen um Geld auszugeben und wo es welches zu verdienen gibt.
Wir suchen uns in passender Weise zuerst ein Hostel raus, das in so einem alten Holzhaus untergekommen ist: Das Old Penang House. Inklusive schattigen Eingangsbereich, in dem die Stühle schon zum Lümmeln einladen und einer unteren Etage, die aus einem großzügigen offenen Bereich mit Couches, Bücherregal und Sitzgelegenheiten besteht. Das alles mit einem Gefühl wie im überdachten Innenhof (ich glaub das nennt man Lichthof), in dem Ventilatoren für die nötige Umwälzung sorgen. Beim Gang in die obere Etage knarrt das Holz bei jedem dritten Schritt und vollendet mal wieder das Gefühl in einem lebendigen Museum zu wandeln. Herrlich :).
In der Stadt finden wir uns schnell zurecht: dort gibts tollen Kaffee, da Obst am Straßenrand (Ananasberge oder auch nur frisch geschnittenes und gekühltes Obst), dort Smoothies, hier billiges Essen und ein paar Meter weiter ein 7eleven für das Alltägliche. Immer wieder finden wir einen „Wasserspender“ und können mal ein paar Cent sparen, in dem wir unsere Wasserflasche für 3 Cent mit gefiltertem Wasser auffüllen, statt für 70 Cent eine neue zu kaufen (ja, Wasser ist hier verhältnismäßig teuer).
Penang’s „eigentliche“ Sehenswürdigkeiten erschließen wir uns schnell innerhalb der ersten Tage: Strandpromenade mit herrschaftlichen Verwaltungsgebäuden, ein großes Fort in Form eines Schiffes als Kriegsmuseum, ein Denkmal für die Queen (Penang hat zur britischen Kronkolonie Malaysia gehört), eine schöne weiße Kirche und fast daneben eine schon typischere große Moschee. Innerhalb der Altstadt drängen sich dicht an dicht kleine kulturell sehr unterschiedliche Stadtviertel: Little India, Chinatown und eher Malaiisch/Chinesisch das „Stelzenviertel“ am Pier (Jetty Clans). In der Reihenfolge ergeben sich auch die Eindrücke der Stadt: indisch: laut, aufdringlich, bunt, chinesisch: geschäftig, geheimnisvoll und viel rot/grün/gold und im alten Viertel am Hafen ist alles aus Holz, es knarzt bei jedem Schritt und es ist sehr ruhig in den engen Gassen. Zwischen den unterschiedlichen Bauten in der Altstadt tauchen aber auch immer wieder große Kolonialbauten oder schmucke Häuser auf, die vermutlich mal Handelshäuser, Lager oder Banken waren. Alles zusammen ergibt die Altstadt (und zum Teil die Stadt drumherum) einen schönen bunten Mischmasch, der zum Glück inzwischen auch UNESCO-Weltkulturerbe ist und damit Hoffnung gibt, dass das auch alles weiterhin erhalten wird.
Am zweiten Tag erkunden wir die Stadt mit Hilfe einer Karte, die auf Basis von Graffiti und Streetart erstellt wurde. Hier haben sich an manchen Mauern und Häuserwänden Künstler legal ausgelassen und erheblich dazu beigetragen, dass plötzlich ganze Straßenviertel belebt werden. Besonders, weil hier scharenweise japanische Touristen hergekarrt werden: von Zeit zu Zeit sogar mit den letzten verbliebenen Fahrrad-Rikschas, die dann unerwartet in Kolonnen von 15 Fahrzeugen besetzt mit belustigten Japanern gemächlich vorbeiziehen. Diese Trupps bevölkern dann die Straßen und versorgen sich unter anderem mit malaiischen Süßigkeiten wie DragonBall-Eis, klebrige grüne Würmchen mit Kokosnussmilchsoße oder einfach „Roti“ (eine Art Pfannkuchen/Crepe) mit Bananen und Schokosoße. Nach dem Essen werden die Souvenirs mit Aufdrucken der Streetarts-Bilder für die Daheimgebliebenen besorgt und zwischendurch massig Fotos gemacht. Damit zu Hause auch jeder erkennt wer da im Urlaub war, ist dann auf den Fotos meistens auch derjenige zu sehen, gelegentlich aber auch mal die Streetart (oder die Sehenswürdigkeit) im Hintergrund. Gut, dass der sogenannte Selfiestick („Deppenzepter“ gefällt mir als Name wesentlich besser) erfunden wurde, damit nervt man auch kaum noch jemanden mit der ständigen Selbstbeweihräucherung. Soviel dazu :).
Sonderinformation für Martin: Um weiter auf der Insel rum zu kommen, machen wir uns den öffentlichen Busverkehr zu Nutze, der sehr gut funktioniert. Zumindest funktioniert er gut, wenn man einmal verstanden hat, wo eventuell eine Bushaltestelle ist (unscheinbare Schilder oder seltsam willkürlich auf einem Haufen rumstehende Einheimische), welcher Bus wohin fährt (gelegentlich ausliegende Linienpläne im Hostel oder rapidpg.com.my) und wie man die Busse auch noch dazu bringt anzuhalten, wenn sie an der Haltestelle vorbeifahren (ein nach unten gerichtetes „beruhigendes“ Winken auf Hüfthöhe reicht aus). Das Ticketsystem basiert auf Zonen: wer weiter fährt, zahlt auch mehr (30 Cent für kurze Strecken und 1,50€ für die halbe Inselumrundung). Weiter außerhalb von Georgetown fahren nicht mehr so oft Busse, vor allem nicht auf die touristisch weniger erschlossene Westseite. Ein Roller wäre dafür die korrekte Alternative, das muss man sich aber gerade in der hektischeren städtischen Umgebung von Georgetown erst einmal trauen.
Wir übernachten während unserer Zeit in Georgetown in insgesamt 3 sehr unterschiedlichen Hostels. Dadurch haben wir wieder einfacher die Möglichkeit andere Reisende kennenzulernen. Meistens ergeben sich dann Gespräche und Hintergründe von Menschen, die man sich einfach nicht ausdenken kann. In den Cameron Highlands haben wir schon einen Brasilianer getroffen, dessen Eltern aus Japan stammen und der jetzt in Südostasien seine Auszeit vom Freelancing als Grafiker und Designer nimmt. In Georgetown treffen wir unter anderen eine Engländerin, mit malaiischen Wurzeln, die jetzt im Old Penang House ein bißchen überwintert und gelegentlich Feste mit ihrer alten Familie feiert. Sie hat mal als Biologie Assistentin im Labor gearbeitet und schon länger den Job an den Nagel gehängt, vor allem weil sie das stumpfe Wiederholen von immer gleichen Experimenten nicht mehr aushalten konnte. Inzwischen weiß sie, dass sie mehr mit Menschen zusammen arbeiten muss, um glücklich zu sein, nach dem sie mal eine Weile als Englischlehrerin gearbeitet hat. (Scheint mir eine häufige Erkenntnis von Menschen, die im Labor arbeiten, zu sein).
Dann treffen wir wieder einen Engländer (die sind hier scheinbar so inflationär wie Deutsche): Kev. Er hat seiner gut bezahlten Stelle den Rücken gekehrt, nachdem die Firma den Standort gewechselt und ihm eine Ablöse angeboten hat. Jetzt hat er einen Yoga-Lehrer- und einen Massage-Kurs gemacht und fragt sich, was er mit dem Rest seines Lebens macht. Blöd, wenn er für die Zeit zum überlegen nur 2-3 Monate eingeplant hat und die zu Hause nur auf Eis gelegte teure Wohnung (mehr als 1000 Pfund pro Monat) das Budget aufrisst. Wir nutzen die Gelegenheit und philosophieren über das einfache Leben, Esoterik und Beziehungen.
Mit ihm treffen wir uns ein paar Mal und entdecken durch Zufall einen Coworking Space, als wir auf der Suche nach der neuen Pizzeria der Besitzerin von dem von uns bereits heißgeliebten Sauerteigladen sind. Die Pizzeria ist an dem angegebenen Zielort einfach nicht zu finden. Aber wenn etwas schief geht, ergeben sich ja oft neue Möglichkeiten. Stattdessen schleichen wir nämlich heimlich in dem schönen alten aber neu renovierten Gebäude herum, was früher vielleicht mal ein Gebäude einer Handelsgesellschaft oder so war: hohe Räume, viel Holz, Säulengänge um das Haus, großer Innenhof. In der letzten Etage scheint so etwas wie ein Veranstaltungsraum zu sein und wir sehen uns einfach mal um, obwohl wir schon sehen, dass das keine Pizzeria ist. Am Ende spricht uns ein junger Malaysier an und fragt uns, ob er uns helfen kann. Ich frage ihn, ob er uns erzählen kann, was hier gemacht wird. Er erklärt uns dann, dass das ein neuer Coworkingspace wird. Also ein Platz zum Arbeiten für Freelancer (freischaffende Selbstständige) und kleine (Startup-)Firmen, die noch kein eigenes Büro haben oder haben wollen und eine Umgebung brauchen, die ihnen einfach nur bietet, was sie erstmal brauchen: Platz, Schreibtische, Strom, Internet, Kaffee und evtl. Besprechungs- und Präsentationsräume. Er hat dazu auch noch ein T-Shirt von einem Barcamp an, das wohl erst vor kurzem in Penang stattgefunden hat. Wahnsinn. Alles da was ich bräuchte. Ich habe ein bißchen Gänsehaut bekommen und wollte gleich los arbeiten. Na gut, alles zu seiner Zeit.
Ein letztes Ereignis noch: Weihnachten stand ja vor der Tür und wir bemerken es eigentlich das erste Mal, als uns ein Flyer von einem Weihnachtskonzert in die Hände fällt. In der lokalen neuen Konzert- und Veranstaltungshalle soll von einem thailändisch/malaiischen Chor mit Orchester ein kostenloses Konzert stattfinden. Wir denken: super, das könnte interessant sein. Buddhisten, die in Gospelmanier „Oh Tannenbaum“ singen: das muss was werden. Wir werden nicht enttäuscht: die neue moderne Stadthalle ist gut besucht, wir als am schlechtesten angezogene reisende Ausländer fallen trotz der vielen hübsch gekleideten Menschen kaum auf, es wird geschnattert, gechattet (ja, wir sind in Asien!) und natürlich haufenweise Fotos gemacht. Das Konzert selbst ist etwas ungewöhnlich, aber mindestens lustig, etwas singen, dazu ungewöhnliche Eigeninterpretationen von Beethoven, zwischendurch lustige Tänze von Kindern, die als Clowns verkleidet sind und dann wieder thailändische Lieder, präsentiert von einer sehr professionellen Sängerin.
Ein sehr schöner Abend.
Am Ende ist der Aufenthalt für uns viel zu kurz. Penang ist eine so bunte und vielfältige Stadt, in der wir uns sehr wohl fühlen und noch lange nicht alles entdeckt haben. „Wiederkommen und etwas länger bleiben“ klingt nach einer tollen Idee. „ Zurück in den überladenen Trubel nach Bangkok“ dagegen nicht so, aber Illya kommt „zu Besuch“ und wir wollen dann unter anderem in den Nationalpark Khao Yai bei Pak Chong und auf der Trauminsel Ko Tao Tauchen lernen. Das klingt schon wieder wesentlich spannender :).
Eure interessanten Beiträge verfolge ich mit Spannung und wünsche Euch auch weiter viele schöne Erlebnisse bei guter Gesundheit.
Auf der Lehde ist endlich Winter eingekehrt und ich konnte heute die Langlauf-Ski an der Haustür anschnallen, um eine Runde um den Heideberg zu ziehen.
Herzliche Grüße Isolde
Hallo Isolde,
ich habe schon gehört, dass sich unsere Berichte in Lauba schon etwas rumgesprochen haben. Das freut uns natürlich. Wir werden die Spannung aufrecht erhalten und die Artikel ständig ein wenig besser machen.
Gegen Schnee hätte ich gerade auch nichts. Bei über 30° im Schatten haben wir aber trotzdem die Möglichkeit auf winterliche Temperaturen: Wir gehen einfach in ein Kaffee und lassen uns von der Klimaanlage ordentlich durchkühlen 🙂
Nimmst du noch jemanden mit zum Langlaufen?
Gute Fahrt!
Bei unserem kalten Regenwetter werde ich neidisch auf so viel Sonnenschein! Die Bilder sind euch sehr gut gelungen, so kann man sie gleich mit dem interessanten Text verbinden. Zum Glück scheint es ja immer tolles Essen zu geben, das beruhigt mich sehr.
Viele neue Eindrücke wünsche ich euch noch. Ich warte immer sehr gespannt auf neue Meldungen.
Beate
Coole Fotos! Habt ihr denn schon eine Idee, ob ihr tatsächlich nochmal dorthin zurückkehrt? …natürlich nur wegen dem guten Co-Working-Space 😉
Wir denken gerade darüber nach was wir in nächster Zukunft machen wollen. Als erstes geht es nach Myanmar für 3-4 Wochen. Und danach werden wir vermutlich erstmal weiter reisen, statt uns „sesshaft“ nieder zu lassen um zu arbeiten. Malaysia, speziell Penang, steht also gerade nicht auf dem Programm. Wenn dann müssten wir uns eh was als sportliche Alternative zu „schwitzen“ überlegen. Das Essen ist einfach zu gut. 🙂