Myanmar: erst laut und hektisch, dann grün und gemütlich

Nach der Lektüre von dem Reisebericht „In Buddhas Gärten“ von Tor Farovik wollte ich unbedingt selber sehen, wie es in Myanmar, dem „Land der Pagoden“ ist.

Als Mönch darf man die Shwedagon Pagode auch auf dem goldenen Podest umrunden. Immerhin soll sich darunter ein Haar von Buddha befinden.

Wir reisen Ende Januar nach unserem Erholungsurlaub in Thailand auf Ko Lanta von Phuket aus nach Bangkok und fliegen von dort weiter nach Yangon, die ehemalige Hauptstadt von Myanmar. Unser Visum haben wir vorher im Internet per eVisa beantragt und es ist tatsächlich sehr einfach das 28-Tage-Visum zu bekommen. Wir haben nach den ganzen Beschreibungen mehr Aufwand erwartet, aber spätestens beim Einreiseschalter am Flughafen merken wir, dass wir uns mal wieder zu viele Gedanken gemacht haben. Die Beamten sind schon so routiniert, dass sie dieselbe gelangweilte Geschäftigkeit an den Tag legen, wie die Beamten an allen anderen Flughäfen. Weiterflug, Auszug vom Bankkonto und Passbilder interessieren keinen. Wir werden mehr oder weniger einfach zum Ticketschalter für die Taxis durchgewunken.

Alt neben neu. Leider wird auf "alt" keinen Wert gelegt. Die meisten Häuser rotten eher vor sich hin.

Das erste untypische Erlebnis für uns, ist ein sehr typisches Erlebnis für Myanmar. Unser Taxifahrer spuckt erstmal etwas rotes blutähnliches direkt neben das Auto bevor er uns den Kofferraum öffnet. Ohje, was hat der denn? Wir erfahren später, dass das kein Blut war, sondern die Reste von einer gekauten Betelnuss-Mischung. Man kann sie überall auf der Straße kaufen. Du bekommst dann ein zusammengefaltetes Betelnussblatt, das mit einer weißen Chemikalie eingestrichen wurde. Die macht die wach- und sattmachenden Substanzen besser zugänglich. In dem Paket sind dann etwas Tabak, zerstoßene Betelnuss und manchmal Honig. Klingt eklig? Soll es wohl auch sein. Wir haben das einfach mal nicht probiert.

Betelnuss-Päckchen vorbereitet und fertig zusammengerollt

Nach dem ersten Spuckerlebnis bekommen wir während der Fahrt zu unserem Hostel einen ersten Eindruck von Yangon, den wir auch nicht wieder los werden: sehr groß, laut, viel Trubel. Jeder scheint beschäftigt zu sein oder ist zumindest auf dem Weg irgendwohin. Großstadtfeeling. Aber Ausnahmen finden wir auch immer wieder. Verkäufer, die sich entweder in den unnatürlichsten Positionen auf zu kleinen Stühlen oder Tischen schlafen legen oder gleich ihre Hängematte aufspannen. Menschen aller Altersgruppen, die sich im Park zum Picknick oder Schnattern treffen. Sogar eine irgendwie süße Eigenart der jungen burmesischen Paare haben wir bemerkt. Öffentlich Zuneigung zeigen ist hier nicht so gern gesehen, aber wenn man sich hinter einem großen Schirm im Park versteckt, ist man ja nicht mehr in der Öffentlichkeit ;).

Unter einem Schirm ist man nicht mehr in der Öffentlichkeit

Das Essen ist abwechslungsreich, wir finden bei einem kleinen Rundgang z. B. ein indisches Fladenbrot mit eingebettetem Linsencurry, einen gebackenen Kuchen aus der Pfanne – ähnlich einer Eierschecke, frisch geschnittenes Obst und seltsame tomatenähnliche süß-würzig marinierte Früchte. Für die gehobene Klasse gibt es aber auch schon sowas wie eine französische Patissiere mit Eclaire’s, Croissant’s und „Blackforest“-Kuchen. Wir genehmigen uns bei all der Aufregung erstmal ein Frühstück im 5-Sterne Hotel „The Strand“ in äußerst angenehmen Kollonialstil-Ambiente und schnellem W-LAN(ein Zimmer für 300$ wollten wir uns erstmal nicht leisten).

Brunch im Strandhotel Yangon, sehr exklusiv

Nach unseren 4 beschwerdefreien Monaten in Thailand und Malaysia kommen dann aber etwas unerwartet böse Magenverstimmungen hinzu. Mich hauts einen Tag komplett aus den Latschen und mehrere bis ich wieder essen mag. Maria ist da etwas glimpflicher davon gekommen. Wir kennen das mit dem nichts essen ja schon, deswegen fällt die reine Wasserdiät nicht so schwer. Leider dauert es dann eine Weile, bis wir uns wieder an das tatsächlich sehr gute burmesische Essen in den einfachen Straßenrestaurants trauen.

Teehaus und Straßenrestaurant in Yangon

Das ganze „Erlebnis“ bestätigt aber auch unseren Eindruck von Myanmar. Es gibt zwar inzwischen langsam die westlichen Konsumgüter wie Smartphones, Internet und Cola, aber die hygienischen Verhältnisse kommen deswegen noch lange nicht mit. Viele Burmesen leben in sehr einfachen Verhältnissen. Wir sehen das umso mehr, umso weiter wir uns von den Städten entfernen. Dort in den Dörfern gibt es teilweise z. B. nur Strom, wenn der Generator angestellt wird. Später erfahren wir auch, dass es sich nicht jeder leisten kann, die Kinder länger als 5 Jahre zur Schule zu schicken. Für Reiche ist das natürlich alles kein Problem, aber reich ist hier bisher nur, wer gute Kontakte zum mehr oder weniger ehemaligen Militärregime hat, im Ausland arbeitet oder zumindest Geld durch Ausländer im Tourismus verdient. Die Taxifahrer in Yangon sind z. B. die ersten Gewinner, wenn durch die politischen Veränderungen mehr Touristen ins Land kommen.

Unabhängig davon sind die Menschen hier unheimlich freundlich und offen. Viele sind noch so neugierig auf Touristen, dass sie winken und anhalten um zu schauen, was der Ausländer denn wieder macht. Überall wird gekichert und sich gefreut, wenn man versucht etwas auf burmesisch zu sagen. In jedem Geschäft oder Restaurant, wo sonst kein Tourist vorbei schaut, werden wir sehr aufmerksam begutachtet und so gut wie immer hilft uns jemand etwas passendes zu bestellen oder uns klarzumachen was wieviel kostet. Englisch können nach unserem Gefühl sogar schon mehr als in Thailand. Sehr oft (!) werden wir auf den sehr guten deutschen Fußball angesprochen: „Ahhh Germany! German fooball, guuud!“ Es ist sehr lustig, wenn mitten im Nirgendwo ein Burmese versucht „Sweinsteiger“, „Glinsmann“ oder „Bayee Munchen“ über die Lippen zu bekommen. Mehrere Konsonanten hintereinander sind für die meisten hier sehr schwierig auszusprechen und die Tippfehler hier durchaus sprachgerecht.

Besonders die Kinder halten ihre Neugier vor Fremden nicht zurück

Nach den Pflichtbesuchen in Yangon unter anderem in der Shwe-Dagon-Pagode und am goldenen Schiffsrestaurant wollen wir lieber schnell weg und suchen uns als nächstes Ziel Hpa-An aus. Dort finden wir ein Gästehaus, das Touren in die Umgebung anbietet. Spontan springen wir noch auf den schon bereitstehenden Pickup für die „Fledermaus-Tour“: Tempel und Fledermäuse angucken, die in Massen zum Abendmahl aus ihrer Höhle fliegen. Das kennen wir ja alles schon. Aber wir können uns bei der kleinen Rundtour um die Stadt schon mal in den Reisfeldern umgucken und gleichzeitig ein paar andere Reisende kennenlernen. Die Ausflüge eignen sich dazu bis jetzt immer am besten.

Reisfelder bei Hpa-An

Bei dem Ausflug lernen wir ein italienisches Paar auf Hochszeitsreise („Honeymoon“) kennen: Andrea und Irene. 3 Wochen am Strand langweilen, ist nichts für die beiden, da haben sie sich für Myanmar entschieden. Außerdem sind in unserer Ausflugsgruppe noch zwei französische Mädels und Joe mit dabei. Joe hat gerade sein 5-monatiges Mönchsstudium beendet und möchte jetzt neben dem Reisen intensiver an seiner NGO arbeiten. Wir verstehen uns alle so gut, dass wir noch gemeinsam zum Abendessen gehen. Wer hätte gedacht, dass wir in diesem kleinen Nest von Dorf, in dem einzigen vom Reiseführer empfohlenen Restaurant zu siebent an einem großen runden Tisch sitzen können? Da kommen natürlich wieder vollkommen „unangemessene“ Themen beim ersten Kontakt auf den Tisch: Politik im Syrien-Konflikt, Flüchtlinge, „Wer regiert die Welt?“, die Mafia in Italien und Europa und die „richtige Zubereitung“ von Spaghetti Amatriciana.

Die 3 strahlen mit der Sonne um die Wette. Bloß gut das wir einen Sonnenschirm dabei haben. Im Lumbini Garden

Andrea spricht wirklich sehr gut englisch und französisch (das wurde sogar von den Franzosen gelobt), weil er neben seinem Übersetzungsstudium auch mal freiwillig für 9 Monate in Frankreich bei einem EU-Projekt gearbeitet hat. Da kann wohl jeder als Muttersprachler mitmachen und in einer Schule als Sprachenlehrer unterstützen. Wir finden das super, aber die Frage: „Fanden es die Schüler gut, sich mit einem Muttersprachler auf Italienisch zu unterhalten?“, beantwortet er mit: „Naja, so gut, wie 13-Jährige Sprachenlernen halt finden.“

Über Essen unterhalten wir uns natürlich auch und dazu fragen wir ihn zuerst, ob er in Myanmar guten Kaffee gefunden hat. Stell dir für die Antwort einen Italiener vor, der zwar lächelt, aber beide Hände abwehrend hochhält und dazu mit einem schönen stark italienischen Akzent sagt: „Ahh you know, ha, I am Italian, I have to be picky!“ („Ach weißt du, ich bin Italiener, ich muss da wählerisch sein“). Dem stimmen wir zu, guter Kaffee ist in Myanmar noch nicht angekommen.

Und wenn wir gerade dabei sind, wollen wir auch wissen, was die Leute am liebsten essen. Dummerweise kommt dann häufig die Gegenfrage nach typisch deutschen Gerichten/Essen und da fallen uns spontan immer nur die typischen Klischee-Gerichte ein. Bratwurst mit Sauerkraut, Eisbein und Schwarzwälder Kirschtorte. Das kennt zwar jeder, aber wirklich typisch finde ich das nicht. Meiner Meinung nach sind bessere Vertreter sowas wie Kartoffelsuppe und Eintopf, Schwarzbrot und vielleicht Sauerbraten oder Mett. Als Ostdeutscher Vertreter gebe ich aber lieber Thüringer Roster, Klöße, Eierschecke und Stollen weiter. Alles natürlich hochgradig subjektiv. Was ist für dich typisch deutsches Essen?

Die Bauern aus der Umgebung bringen ihr Gemüse per Boot nach Hpa-An. Chilis, Kürbisse, Äpfel und Bohnen.

Am nächsten Tag machen wir noch eine Ganztagestour in die Umgebung und schauen uns unzählige Höhlen, Tempel und Reisfeld-in-Karstfelsen-Landschaften an. Nebenbei haben wir noch viel Spaß mit den sehr neugierigen Einheimischen. Einen kleinen und natürlich höchst unvollständigen Eindruck mit Kommentaren kannst du wie immer in der Bildergalerie gewinnen.

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5 Kommentare

  1. Beate Ackermann

    Das ist ja mal eine interessante Frage nach dem typischen Essen! Im Sport hatte auch fast jeder eine andere Antwort: Schnitzel stehet an erster Stelle, glaube ich. Dann kommen die Pellkartoffeln mit Quark und in unserer Gegend die „Mauke“ mit gekochtem Rindfleisch oder süßsauren Pilzen. Auch das Sauerkraut hat viele Anhänger, sicher gern mit Bratwurst und Senf. Eintopf in jeder Form wird auch gern gegessen. Pflaumenkuchen, Streuselkuchen und Plinse sind immer willkommen. Also kann man sich nicht wirklich auf eine Speise festlegen, denn persönliche und regionale Besonderheiten spielen eine große Rolle.
    Wollen sich denn die Italiener immer nur auf Nudeln festlegen lassen?
    Ich finde die Betelnussmischung ganz interessant, hätte sie aber sicher auch nicht probiert! Ist das der Kaffeeersatz?
    Die Fotos sind euch wieder prima gelungen, weiter so!
    Viele Grüße aus der Oberlausitz, Beate.

    • Hallo Beate
      Das für das typische Essen jeder einen anderen Vorschlag hat, habe ich mir schon fast gedacht. So richtig drüber nachdenken, tut man ja normalerweise auch nicht. Wir waren sowieso überfragt, weil wir mit den vegetarischen Gerichten und Varianten eh schon aus dem „typischen“ rausfallen.
      Die Italiener essen zwar gern Nudeln, aber ich denke für die richtigen „Restaurante“-Besuche ist das nur die „primi“ Platte. Ich vermute mal Italiener würden als typisch eher Schinken sagen: den nächsten, den wir treffen, fragen wir mal!

      Betelnuss wird tatsächlich hauptsächlich zum Wachbleiben gekaut. Vor allem von Taxi- und Busfahrern und angeblich auch von Goldplättchen-Klopfern.

      Viele Grüße aus Bali, Micha

      • Beate Ackermann

        Viele Grüße aus Lauba, und weiter viel Freude beim Erforschen der Esskulturen dieser Welt. Ich hoffe ja, dass es bald wieder Bärlauch gibt und ich damit neue Frühlingsrezepte ausprobieren kann.
        Beate.

  2. Hey, die Kommentarfunktion geht wieder! 🙂 Danke für die Eindrücke und die schönen Fotos! Ich wollte mal noch fragen wie es beim Thaiboxen mit Dr. Best war und ob ihr inzwischen manchmal Heimweh habt oder euch jetzt erst so richtig ans Reisen gewöhnt habt.

    • Ja, die Kommentare und die Anmeldung per Captcha funktionieren wieder. Hätte nicht gedacht, dass ich mal noch Webserver konfiguriere.

      Thaiboxen haben wir uns in Bangkok und in Ao Nang angeguckt. Letzteres hat für das gebotene viel zu viel gekostet. Kinder, die sich kloppen und Erwachsene, die entweder noch nicht lange trainieren oder vor langer Zeit mal trainiert haben, bieten einfach keine großen Kämpfe. Für einen Einblick reicht es aber aus und immerhin kann man den Schweiß aus der ersten Reihe riechen.

      Heimweh? Mal so und mal so. Da wir zu zweit sind, haben wir immer den Rückhalt gegenseitig und sind nie wirklich allein. Freunde und Familie vermissen wir auch, aber die haben wir ja immer im Hinterkopf oder manchmal an der Strippe. Deutlicher wird das beim Essen, das ist nicht so leicht zu ersetzen.

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