[:de]Bali im Rückblick Teil 3: Selbstfindung durch Quatschen[:]

[:de]Wir sind auf unsere Reise auch gestartet, weil wir mal Zeit haben wollten über uns nachzudenken. Was wollen wir eigentlich so im Leben und was hat das alles für einen Sinn? So ganz einfach sind die Fragen nicht zu beantworten, sonst hätten sich die Philosophen wohl nicht so viel damit beschäftigt.

Das ist Teil 3 von unserer Reihe „Bali im Rückblick“. Hier geht’s zu Teil 1: Paradiesgarten und Nyepi und hier zu Teil 2: Yogi Town.

Das mit dem Sinn haben wir jedenfalls schon verstanden. Das Leben hat keinen Sinn, du musst ihm einen geben. Ganz einfach. Dann musst du nur noch wissen, was du so machen willst und schon wäre das geklärt. Wenn es da nur nicht so viele Möglichkeiten geben würde, was wir so machen könnten. Eine Fitness-App schreiben, Projektmanagement-Software entwickeln, Yoga- oder Kletter-Lehrer werden, Kochbücher schreiben, einen Smoothie-Laden aufmachen oder eine der tausend anderen fixen Ideen verfolgen? Vor lauter Möglichkeiten stehen wir nur da und treten lieber auf der Stelle als uns in eine Richtung zu bewegen, die hinterher doch nicht ganz die richtige sein könnte. Sich über sowas klar zu werden, ohne sich im Kreis zu drehen, halte ich fast für unmöglich. Die Reise ist eine gute Gelegenheit daraus auszubrechen und das mal mit etwas Abstand zu betrachten.

Durch das ständige Rumreisen, treffen wir immer wieder Leute, mit denen wir mal mehr und mal weniger lang und tief ins Gespräch kommen. Schon einfach alles mal auszusprechen, tut gut. Viel besser ist aber zu hören, was andere mit ihrem Leben so machen. Wir denken uns dann oft, dass sich sowas keiner ausdenken kann.

Unser Zimmernachbar Shri ist so ein Beispiel. Er ist Amerikaner, Mitte 40 und am Anfang eher merkwürdig. Er erzählt uns von seiner spirituellen Entwicklung. Unter anderem, wie er in Indien seinen Guru gefunden hat, von ihm zu sich selbst geführt wurde und seinen neuen Namen „Shri“ bekommen hat. Shri ist also nicht sein echter Name, sondern sein spiritueller. Mit der Zeit bekommen wir aber mit, dass er auch nur versucht seinen Platz im Leben zu finden. Er war wie wir als Backpacker in Australien unterwegs und wusste am Ende seiner Zeit nicht, was er danach machen will. Zum Glück hat er beim Herumreisen in einem der Hostels eine Holländerin getroffen. Die mochte Chai-Tee (Gewürztee) genauso wie er und hat ihm gezeigt, wie sie ihn selbst zubereitet. Dieses Rezept hat er mit der Zeit weiter verbessert und an anderen Backpackern „getestet“. Das kam so gut an, dass er sich am Ende seiner Reise in seiner „Was kommt als nächstes“-Phase entscheidet, sein Glück mit dem Tee zu versuchen. Er wollte zurück nach Kalifornien gehen und seine Leidenschaft für Gewürztee zusammen mit dem neuen Rezept als Grundlage für seine Firma nehmen.

Maria und S spielen mit dem kleinen Hund von Tagels Tochter.

Bis das Unternehmen spruchreif war, dauerte es noch eine Weile. Wir haben ihn dazu gefragt „Hast du dir einen Plan gemacht und vorher alles überlegt?“ und da antwortete er: „Nein, eher nicht“. Er meinte, dass er vieles erst gelernt hat, als er einen Schritt weiter gegangen ist. Als er die Zulassung für den Tee beantragt hat, wurde ihm gesagt, dass er den nicht einfach zu Hause zusammenmischen darf. Dann musste er sich eben darum kümmern und hat eine professionelle Gemeinschaftsküche gefunden. Später waren für mehr Gewinn die Preise der Zutaten im Supermarkt zu hoch. Dann hat er erst den Zwischenhändler ausfindig gemacht und noch mal später dessen Lieferanten. Also immer einen Schritt nach dem anderen.

Unerwartet ist in unserem Gespräch dann noch die Antwort auf die Frage: „Wie läuft es denn dann gerade?“ „Ich bin jetzt Psychotherapeut.“ „Oh. Wieso denn das?“ Sein Geschäft wurde nach einigen Jahren so groß, dass er nach der Meinung von Business-Freunden einen Schritt in die nächste Dimension hätte gehen müssen: von regional zu überregional. Nach einiger Überlegung entschied er, dass er nicht der Typ Mensch ist, um diesen Schritt zu gehen. Plötzlich hätte er gegen geübte Vertriebler bestehen und sich in dem harten Markt die Ellenbogen blutig schlagen müssen. Das klang einfach nicht nach ihm und hatte auch nicht mehr viel mit der Idee zu tun guten Chai-Tee zu verkaufen. Stattdessen verkaufte er sein Geschäft und ging mit Anfang 30 noch mal zur Uni um Psychotherapie zu studieren. Inzwischen arbeitet er schon fast 10 Jahre als Therapeut und überlegt sich gerade, was er als nächstes machen wird.

Bei der Geschichte sind wir schon baff, vor allem weil er mal ein lebendes Beispiel dafür ist, dass das Leben nicht so geradlinig verlaufen muss. Nebenbei zeigt es uns auch, wie aus einer „Leidenschaft“ und kleinen Ideen etwas großes werden kann, wenn man dran bleibt. Das macht mir Mut, wenn ich wieder an die vielen Möglichkeiten und die Angst vor der falschen Entscheidung denke. Ich muss gar nicht alles vorher wissen. Einen groben Plan machen und dann geht es Schritt für Schritt vorwärts. Und sowas lernen wir mal so „nebenbei“ beim Quatschen 🙂

Auf den Schritt, den wir gerade machen, hat uns Alena freundlicherweise immer wieder aufmerksam gemacht. Auch sie lernen wir in Tagels Garten kennen, nachdem Sri ausgezogen ist. Wir quatschen im Vorbeigehen mal übers Wetter und plötzlich verbringen wir drei die nächsten Wochen zusammen in Ubud und auf der Nachbarinsel Nusa Lembongan.

Wir passen irgendwie ganz gut zusammen. Denn sie erzählt uns nach und nach, dass ihre Reise durch Indonesien eigentlich auch so eine Art Erholungsfindungsurlaub ist. Auch sie schreibt darüber einen Blog (hier). Gerade erst hat sie ihren Job gekündigt, weil sie nach 8 Jahren in der Firma gemerkt hat, dass sich an ihr etwas verändert hat, was nicht mehr zusammen geht. Genauso wie wir, überlegt sie jetzt, was sie eigentlich als nächstes machen will. Der neue Job soll definitiv was anderes werden, aber was, weiß sie auch noch nicht so genau. Willkommen in unserer Selbsthilfegruppe!

Maria und Alena Etepetete im "klassisch" indonesischen Restaurant in Ubud

Neben unserer „Jobsituation“ passt auch das „Niveau“ unserer Witze und da wir uns sowieso ständig in den gleichen Cafés über den Weg laufen, gehen wir bald zusammen auf Erkundungstour. Wir schlürfen nach grünem Smoothie und veganem Super-Bio-Power-Frühstück einen Latté und lachen dabei über die Hippies am Nebentisch, schauen uns die Green School an, lernen indonesisch Kochen und baden am vermutlich schönsten Strand von Indonesien auf Nusa Lembongan (siehe erster Bali Artikel).

Frühstück im Bali Buddha. Bagel mit Omelette. Obstteller. Shiapudding mit Bananen. Haferbrei mit Datteln. Dazu natürlich Kaffeee und Smoothie

Neben den vielen Kaffee-Runden, wird mir aber vor allem in Erinnerung bleiben, wie sie uns immer wieder aus unserem „Urlaubstrott“ und kritischem Zukunftsdenken wachrüttelt. Sie fragt uns oft mit leuchtenden Augen: „Wisst ihr eigentlich, wo wir gerade sind?“ Einmal gönnen wir uns einen Drink, während wir kurz vor Sonnenuntergang in einem Pool liegen. Da der oben am Rand einer Klippe thront, können wir von dort aus den Surfern unten beim Wellenreiten zuschauen.

Ausblick von der Poolterasse auf Nusa Cembingan. Jennys Place

Ein anderes Mal sitzen wir nach dem Schnorcheln im warmen Sand alleine an unserem Hausstrand und genießen den Blick auf das türkisblaue Meer. Ich bin dann oft ergriffen, es fällt mir aber schwer mich in den Moment fallen zu lassen. Im Kopf lastet da oft das Gefühl von noch offenen Entscheidungen oder Angst vor dem was noch kommen wird. Alena ruft mir mit dieser Frage zu, dass ich jetzt hier bin und das richtige Leben gerade eben jetzt passiert. Wenn ich immer mit den Gedanken in der Zukunft bin, zieht alles nur vorbei und ich bin gar nicht richtig da.

Traumstrand auf Nusa Lembongan. Secret Beach

Wir liegen aber jetzt an diesem Strand und haben jetzt Zeit zum Träumen. Schon die Mönche im Kloster in Thailand meinten ständig: „Lebe im Moment“. So langsam verstehe ich das auch und ich bin Alena sehr dankbar für diese Erinnerung :).

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3 Kommentare

  1. Hallo aus dem herbstlich/winterlichen Leipzig. Ich weiß nicht, ob ich mittlerweile etwas verpasst habe, aber seit dem 3. September erhalte ich keine Nachrichten mehr von euch. Geht’s euch gut. Hoffe doch. Habe gestern grad mit Vati Andreas gesprochen. Er meinte, dass es Neues von euch gibt. Warum bin ich dann außen vor? Ich wünsche euch alles Gute. Hier ist es mittlerweile nass und kalt. Viele Grüße Jürgen

  2. hi,

    im prinzip gehts mir ja ähnlich, andererseits denk ich manchmal aber auch, ist es so falsch einfach arbeiten zu gehn, und das zu genießen was man hatt, ohne sich dabei in sinnkriesen zu verlieren…..

    Man denke nur an die Putzfrau, die jeden Tag das gleiche großraumbüro puzt, was passiert wenn alle putzfrauen und müllfahrer auf einmal ne sinnkriese bekommen und nach bali abhauen… 😉

    warum ist das akzeptierem vom status quo und einfach das was man hat zu genießen, für den menschen so schwer? aber wem erzähl ich das mir gehts ja genau so…

    • Hallo Dirk,

      ich verstehe, was du sagst und die Frage ist absolut berechtigt. Da spielen so viele Faktoren rein, warum man zufrieden mit seinem Job ist, oder nicht. Letztendlich kann man die Zufriedenheit mit einer Situation immer auf zwei Fragen runterbrechen:
      1. Was ist deine Einstellung zur Situation?
      2. Was sagt mein Herz?

      Die Einstellung spielt eine große Rolle bei allem, was du tust. Wenn du dich nicht gut fühlst in einer Situation, hast du zwei Möglichkeiten: ändern oder akzeptieren. Wenn du etwas ändern willst, frage dich wirklich, was dich stört und was du ändern kannst.
      Da kommt das Herz ins Spiel, dein Gefühl. Manchmal ist es nur ein kleiner Aspekt, der sich schlecht anfühlt.
      Welcher ist es? Kannst du ihn ändern oder liegt es nicht in deiner Hand? Kannst du wirklich nichts ändern oder musst du mutig sein und aus deiner Komfortzone raus kommen, um es ändern?

      Manchmal ist das, was sich schlecht anfühlt nur in unserem Kopf. Ich habe in den letzen Tagen wieder gemerkt, dass es so viel bringt, die Sachen einfach anders zu bennenen. „Putzen“ ist so negativ belegt. Wie wäre es, wenn wir es z. B. „Aufhellen“ nennen. Was passiert mit deiner Einstellung, wenn du einer vermeintlich negativen Aufgabe ein positives Wort gibst? Siehst du dann die positiven Aspekte etwas deutlicher?

      Kannst du vielleicht etwas aus der Aufgabe über dich selbst lernen? Beobachte dich mal: So wie du irgendwas tust, tust du alles. Führt vielleicht eine grundsätzliche Einstellung dazu, dass du nie zufrieden bist?

      Du hilfst mit allen Dingen, die du tust, immer jemand anderem, dass er oder sie seine/ihre Aufgaben besser erledigen kann. Wenn du es weiter denkst, sind wir alle total von einander abhängig. Schon diese Erkenntnis alleine kann deine Herangehensweise an alles, was du tust ändern. Wenn die Programmierer ihre Firma selber saubermachen müssten, würden sie wohl nie zum Progammieren kommen und das Internet wäre nie entstanden. Und die Müllfahrer könnten den Müll gar nicht weg fahren, wenn sich nich mal einer überegt hätte, dass Straßen und Autos eine gute Idee wären.
      Wie geht es dir, wenn du jemandem helfen kannst? Wie fühlt sich das an?

      Wie fühlt es sich hingegen an, wenn du helfen willst, aber deine Hilfe nicht angenommen wird? Das ist der Punkt, wo du merkst: Das geht so nicht weiter, ich sollte lieber etwas tun, wo meine Hilfe gewollt ist.

      Manche müssen eben erst nach Bali abhauen, um den Abstand zu haben um das zu begreifen, auch die Putzfrauen oder -männer.

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