[:de]Noch ein Artikel über Bali? Nein, 3! Wir waren so lange auf Bali und Nusa Lembongan, dass ich noch ein paar Geschichten erzählen möchte. Die Zeit bleibt mir selbst jetzt in Australien nach Monaten noch so gut in Erinnerung, dass ich das als eine Art Selbsttherapie aufarbeiten wollte. Du bekommst dafür einen tieferen Einblick in die balinesische Kultur, erfährst warum ausgerechnet Ubud als das „Yoga-Epizentrum“ zu unserem zweiten Zuhause werden könnte und lernst zwei Reisegefährten kennen, die ganz schön Eindruck auf uns gemacht haben. Und weil die Geschichten so lang geworden sind, habe ich sie in 3 Teile aufgeteilt, von denen das hier der erste ist. Die anderen beiden kommen dann am Donnerstag und am Samstag.
Hier geht’s zu Teil 2: Yogi Town und Teil 3: Selbstfindung durch Quatschen
Zu Besuch in Tagel’s Garten
Wo wir gelandet sind, weißt du ja schon (siehe letzter Artikel zu Bali). Nach einem kleinen Umweg über Kuta, sind wir in Ubud angekommen und haben uns mal wieder bei booking.com 2 Nächte bei einem nett aussehenden „Homestay“ eingebucht. Unser Gastgeber Tagel hat in seinem wunderschönen Garten soviel Platz, dass es für eine Galerie und mehrere Gäste-Anbauten reicht. Alles ist grün, die Goldfische glucksen im schön gemauerten Wasserbecken, die Vögel springen durch die Baumwipfel, die Ameisen klauen uns die Kekse, die Gecko’s fangen die Mücken im Licht der Abendlaterne und manchmal trampelt es über unseren Köpfen auf dem Dach, weil sich ein Luwak verirrt hat. Dank der Regenzeit haben wir immer wieder Gelegenheit uns unter unserem Vordach über das Plätschern auf den riesigen Palmenblättern zu freuen. Auch die unglaublich aufwändigen Holz-Schnitzereien an Türen und Dachsimsen bringen uns immer wieder zum Staunen. Wir fühlen uns wie im Paradies und verlängern unseren Aufenthalt nach etwas verhandeln um 3 Wochen.
Tagel schwatzt auch noch gern über Indonesien und seine Religion. Von ihm erfahren wir zum Beispiel, dass fast jedes Haus auf Bali einen eigenen Tempelgarten hat, der, wie hier, schon größer ist als der Garten der meisten Reihenhäuser in Deutschland. Darin stehen zig kleine Häuser für die Ahnen der Familie, denen jeden Tag eine kleine Opfergabe aus etwas Reis, Blumen, Bambus und einem Räucherstäbchen gebracht wird. Diese täglichen und überall auch auf der Straße sichtbaren Opfergaben sind ein Ausdruck von der sehr lebendigen Religion auf Bali. Selbst die Söhne von Tagel gehen immer mal selbst durch den Garten und ehren die Ahnen und Geister. Tradition, Glaube und Moderne sind hier noch eng miteinander verbunden.
Im Gegensatz zum Rest Indonesiens ist der Glaube auf Bali hauptsächlich vom Hinduismus und Geisterglaube geprägt. Dass aber nicht alle diesem Karma-Glauben folgen, wissen wir spätestens, als wir uns mit Tagel über Korruption unterhalten. Deren Alltäglichkeit bekommen wir als Touristen kaum mit, es sei denn man fährt Roller und hat Pech am „Verkehrssicherheitskontrollposten“ angehalten zu werden. Wir haben gehört, dass gerade Touri’s, die den Einheimischen die Nachlässigkeit beim Helmtragen und der Sicherheitsausstattung am Roller nachmachen, tief in die Tasche greifen müssen. Vor allem, weil sie nicht wissen, wie sie mit den Polizisten „verhandeln“ müssen (Tipp: Niemals darauf bestehen zum Vorgesetzten auf die Wache zu gehen, da wird es nur noch teurer. Und im „sichtbaren“ Portmonee nur eine kleine Summe drin haben und dann behaupten, man hätte nicht mehr und auch keine Karte dabei.).
Wir haben die Helme immer auf und können einmal den Kontrollposten einfach umfahren, weil wir ihn schon von Weitem sehen. Das sollen aber nur die kleineren Schikanen sein. Zwielichtiger wird es, wenn Leute mit viel Geld doch auf dem Gelände eines heiligen Friedhofs ein Hotel bauen dürfen, aber Privatleute Schwierigkeiten haben ein Haus genehmigt zu bekommen. Noch ärgerlicher wird es, wenn zur Korruption noch Betrug hinzu kommt, wie beim Uni-Ausflug von Targel’s Tochter. Da wollte der gesamte Kurs mal für ein nicht ganz billiges Wochenende nach Singapur fliegen. Das Geld wurde vom Organisator an der Uni eingesammelt. Am Tag der Abreise kommt aber raus, dass gar keine Flüge gebucht sind und der „Organisator“ nicht mehr aufzufinden ist. Sehr bitter für die ganze Familie, vor allem weil „Urlaub“ für sie eigentlich ein Fremdwort ist. Als wir das hören, sind wir auch ganz schön betreten. Da wartet man das ganze Jahr auf einen 3-Tages-Urlaub und dann geht der wegen Habgier flöten. Aber Tagel nimmt das alles mit Fassung. Dass die Familie zusammenhält, ist ihm wichtiger als Geld. Vielleicht sorgt das Karma ja noch für ein bisschen Gerechtigkeit.
Nyepi – das balinesische Neujahr
In unsere Zeit in Ubud fällt zufällig das balinesische Neujahr und Tagel warnt uns vor der Verlängerung für das Zimmer davor, dass das ein wichtiger religiöser Feiertag mit großen Einschränkungen ist. Normalerweise verschwinden nicht-religöse Balinesen und Touristen eher auf die Nachbarinseln. Nyepi ist der erste Tag im neuen Jahr und 2016 am 9. März (abhängig vom Mond). An dem Tag müssen alle Menschen auf Bali in ihren Häusern bleiben, sich flüsternd unterhalten und nachts dürfen keine Lichter angemacht werden. Zum Neujahrsfest am Abend vorher wird hier die besondere Form des hinduistisch-balinesischen Glaubens als eine Art Geisteraustreibung zelebriert.
Für jeden Geist aus den alten Geschichten wird in den Wochen vor Neujahr von der Jugend der einzelnen Familienclans jeweils eine große Geisterfigur aus Pappmaschee und Bambus vorbereitet. Diese furchteinflößenden Ogoh-Ogoh Figuren werden am Tag vor dem Nyepi auf ein Trage-Gerüst aus Bambus bei einem Umzug vieler rausgeputzter Balinesen zur Schau gestellt. In Ubud werden dazu an zentralen Punkten die Geschichten der Geister „erzählt“ und mit Tänzen aufgeführt.
Die Erzählung an unserer Kreuzung kommt vom Tonband und spätestens bei dem ohrenbetäubenden Jammern, Heulen und Krächzen wird uns klar, dass es hier nicht um gute Geister geht. Die Höhepunkte des Spektakels sind immer dann, wenn die Geschichte eines Geistes erzählt ist. Dann packen ca. 20 Leute die Gerüste am Boden der Geister an und rennen mit diesen teilweise 5 Meter hohen Figuren wild durch die Gegend. Die Figuren wirken dann wie lebendig und schweben förmlich über der Menschenmenge. Nachts nach dem Umzug werden alle Lichter gelöscht, weil die unheilbringenden Geister dann tatsächlich über Bali fliegen. Die Balinesen glauben, dass die Geister einfach weiter ziehen, wenn sie in den Häusern keine Lichter sehen und demzufolge wohl auch keiner dort wohnt.
Der Nyepi als erster Tag im neuen Jahr wird auch als „Silent Day“ bezeichnet. Es darf per Gesetz keiner außerhalb seines Grundstücks rumlaufen, jeder soll den Tag zur inneren Einkehr nutzen und mit seiner Familie verbringen. Laut sprechen ist ebenfalls nicht erlaubt und viele fasten an diesem Tag auch. Vielleicht hat sich dieser Brauch erst mit der Zeit entwickelt. Wenn ich mich daran erinnere, wie ich mich das ein oder andere mal am 1.1. gefühlt habe, habe ich für diese „Regeln“ zumindest Verständnis. Wer keine Lust auf das ganze Prozedere hat, flüchtet eben auf die Nachbarinseln. Wir haben uns zur Abwechslung mal mit passenden Köstlichkeiten für eine Brotzeit eingedeckt und freuen uns über die Ruhe.
All die gelöschten Lichter nachts haben übrigens den schönen Nebeneffekt, dass Fotografen einen minimal lichtverschmutzten Nachthimmel über Bali ins Visier nehmen können. Alle anderen haben viel Zeit, um sich einfach mal zurückzulehnen und ganz lange und leise wooooow zu sagen. Es ist so dunkel und leise (kein Verkehr) wie in einer klaren Winternacht, nur, dass es angenehm warm ist.

Hey, schöner Bericht. Ich habe mal gesucht, was ein Luwak ist…und bin dabei drauf gestoßen, dass „Kopi Luwak und Kape Alamid Coffee Bezeichnungen für eine spezielle Kaffeemarke [sind], welche ursprünglich aus Exkrementen von in freier Wildbahn lebenden Fleckenmusangs hergestellt wurde.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Kopi_Luwak
Huiuiui, das klingt abenteurlich. Wart ihr so verrückt, das zu probieren? 😉
Wir waren so verrückt und haben Kaffe von einem Haustier Luwak getrunken :-O Wird je eh gekocht und ist alles tot 😉
übrigens … der Kaffee ist auch eines der Hauptthemen vom Film „Bucketlist“
Glückwunsch zu diesen An- und Einsichten! Weiter viel Glück auf Eurer Reise von Isolde (Lehde)