[:de]Australien. Glutrot, giftig und gigantisch. Der Ayers Rock, das Opernhaus in Sydney, Kängurus mit Babykängurus im Beutel und viel Land ohne nix. Das sind alle Bilder, die wir von Australien haben.
Wir wollen meinen Bruder besuchen, der irgendwo oben in der Wüste hockt. Wir kaufen uns ein Auto und wir wollen Geld verdienen. Das sind alle Pläne, die wir haben.
Wir sind jetzt nach unserem Traumwochen in Indonesien auf Bali und Nusa Lembongan etwas wehmütig, aber auch gespannt. Wehmütig, weil die sonnigen Schlemmerwohlfühlinselwochen vorbei sind und gespannt, weil mit Australien jetzt ein neuer, anderer Teil von unserer Reise beginnt. Ziel war und ist neben ein bisschen rumkommen, vor allem „Geld machen“. Wir wollen die Reisekasse aufbessern und haben uns ein Work-and-Travel-Visum für ein Jahr besorgt. Statt ausgeben, jetzt also Geld verdienen. Deswegen sind wir auch am meisten gespannt, weil wir noch nicht genau wissen, wie das tatsächlich gehen soll.
Wir starten Anfang April in Perth an der Westküste von Australien. Die Flüge von Bali aus sind sehr günstig und eine Freundin, die wir in Chiang Mai in Thailand kennen gelernt haben, ist gerade auch da. Nach den 3 Stunden im Flugzeug geht dann am Einreiseschalter alles viel zu glatt. Wir haben uns eigentlich auf ein Visa-Gespräch mit den Beamten eingestellt. Es wird aber nicht eine einzige Trickfrage über unser Vorhaben gestellt, kein Nachweis für den Rückflug oder ausreichend Geld für die erste Zeit verlangt. Das Visum haben wir schon von zu Hause geregelt und dafür nicht mal eine Stunde gebraucht. Es gibt also nur einen läppischen Stempel in den Pass und das war’s. Dann gehen wir nach 5 Minuten bedröppelt zum Ausgang und fragen uns wie so Weltreise-Anfänger: „Und jetzt?“ Das ist bei jedem neuen Reiseabschnitt immer wieder ein seltsames Gefühl. Dazu kommt dann, dass wir das erste Mal auf australischem Boden stehen und nach dem 32 Grad-Bilderbuch-Dauer-Sommer auf Bali brütende Hitze erwarten. Immerhin hat sowas mal jemand von Australien behauptet. Stattdessen haben wir Gänsehaut. Es ist scheißkalt. Ganze 22 Grad mit Wind! Kein Wunder, dass wir sofort zurück wollen.
Das Wetter schockt uns auch weniger als diese irgendwie bekannte, aber doch neue zivilisierte Umgebung. Sich an die Kultur in Asien zu gewöhnen dauert eine Weile. Dass es andersrum auch so ist, fällt uns jetzt erst auf. Von der 3. Welt in die 1. Welt zu wechseln, ist jedenfalls auch nicht ohne. Wir können es gar nicht glauben, dass direkt vom Flughafen regelmäßig ein öffentlicher Bus ins Stadtzentrum fährt. Soll das echt so einfach sein? Der Bus kommt auch noch pünktlich und sieht so neu und sauber aus. Wir steigen ein und da sitzt der typische mäßig begeisterte Fahrer. Ich bin mir in dem Moment zwar bewusst, dass der jetzt irgendwas will, aber was genau, kann ich gerade nicht fassen. In meinem Kopf muss ich gerade mein Weltbild wieder zusammensetzen. Also starre ich ihn einfach erstmal an. Bloß gut, dass er mich nach einer gefühlten Ewigkeit aus meinem Traum reißt und in der üblichen Busfahrermanier etwas belustigt meint: „Talk to me, buddy!“ Ahhh, jetzt! Ich kann mit dem reden! Und der versteht Englisch! Ok Micha, jetzt also in Englisch: „Two tickets to the City center, please.“
Im Stadtzentrum angekommen, prallt die westliche Realität mit voller Gewalt auf uns ein. Überall gibt es Werbeplakate und eine weltweite Konferenz von Erdgasproduzenten wird mit großen Bannern angekündigt. Außerdem gibt es natürlich mitten in der Stadt viele große breite Straßen. Wir sind so sehr die laxen Verkehrsregeln gewöhnt, dass wir die Ampeln erstmal gar nicht ernst nehmen: „Oh, ach stimmt, hier müssen wir warten bis es grün wird.“ Dann können wir Strecken tatsächlich wieder gefahrlos zu Fuß gehen. Die Fußwege sind hier nämlich nicht nur vorhanden, sondern auch eben, ohne Löcher, schattig und sehr großzügig in der kompletten Stadt vorhanden. Dazu gibt es auch noch kostenlose Busse im Stadtzentrum mit verständlichen Fahrplänen und -strecken. Das Wasser aus der Leitung schmeckt nach Chlor, ist aber tatsächlich trinkbar! Müll wird getrennt (zumindest in Perth) und in Container geschmissen. Es ist alles so sauber und ordentlich. Unglaublich! Sind wir noch auf dem gleichen Planeten?
Vom Stadtzentrum laufen wir den restlichen Weg zum Hostel. Wir wandeln ungläubig mit unseren großen Rucksäcken an den Hochhäusern mit lauter Banken, Versicherungen und Regierungsgebäuden vorbei. Da kommen wir uns bei all den gut angezogenen Menschen sogar ein bisschen schäbig vor. Wir, in unseren teilweise 6 Monate ständig getragenen T-Shirts und Hosen, sehen neben den normalen Leuten hier tatsächlich ziemlich ärmlich aus.
Wir lassen uns davon nicht so beeindrucken, schließlich haben wir einen langen Urlaub hinter uns und freuen uns auf unsere neuen Abenteuer. Trotzdem ist dieser kulturelle Wechsel erstmal ein Schock. Rote Wüste, hüpfende Kängurus und giftige Tiere werden also noch ein bisschen warten müssen.
Jetzt erstmal aufwachen und ankommen.[:]
Sonnige Grüße aus der Oberlausitz!
Na, da seid ihr doch wieder ein ganzes Stück weitergekommen! Die “ Zivilisation “ hat sicher auch ihre guten Seiten, aber mehr Abenteuer kann man in der 3. Welt erleben, da sie uns nicht so vertraut ist. Ich bin mir aber sicher, dass ihr auch in Australien genügend Neues erleben könnt. Ob, und wie man Arbeit bekommt, wie das Essen ist, wie die Menschen sind und was es in der Natur zu erleben gibt.
Wir holen heute unser Maifeuer nach, bei 35 °C!!! Da wird ordentlich Durst werden. Was trinkt man denn so in Australien? Wir halten es immer noch mit Bier und Radler am Besten aus. Wein und hochprozentige Getränke sind nicht so begehrt.
Ich wünsche euch weiter eine schöne und interessante Zeit.
Beate.
Hallo Ihr Lieben,
was für ein schöner Beitrag! Ich freue mich, von Euch zu lesen & finde es suuuper, dass Ihr einige wichtige Unterschiede aufzählt, die für mich schon wieder selbstverständlich sind. Nach meiner Rückkehr aus Indo war das auch erstmal krass, den „Alltag“ in Deutschland zu begreifen – inklusive der vorhandenen & intakten Fußwege 😉
Auch wenn Ihr vielleicht so ausseht, Ihr seid gar nicht arm, sondern unbezahlbar reich an Erfahrung.
Habt weiterhin eine gute Reise & seid ganz lieb gegrüßt :-*