[:de]Ein Wintermärchen im Ashram – Teil 1[:]

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Auf in den Norden, da wo die Sonne scheint

Vor 4,5 Monaten haben wir uns auf die Suche nach einem Winterquartier gemacht. Es wurde kalt im Süden Neuseelands und das war vor allem unpraktisch. Eiseskälte vom späten Nachmittag bis zum späten Vormittag und der einzige Rückzugsort war unter unseren 2 dicken Decken im Van. Es musste was anderes her. Wir wollten nicht wie die Bären in den Winterschlaf verfallen.

Eisige Kälte auf der Südinsel, treibt uns in den Norden

Aber langsam … wie sind wir in diese Situation überhaupt gekommen?

Letztes Jahr waren wir noch beim Work and Travel in Australien. Das Visum ist im April ausgelaufen, also haben wir uns ein neues Ziel gesucht und das sollte schon länger Neuseeland sein. Um das möglich zu machen, haben wir einige Änderungen an unserem ursprünglichen Plan in Australien gemacht. Maria hatte als Ziel für Neuseeland die Arbeitserfahrung in einem Skigebiet auf dem Schirm und ich hatte nichts dagegen das auch zu machen. Wenn es praktisch möglich wäre, würde ich aber lieber wieder als Programmierer arbeiten. Im Skigebiet gibt es nur im Winter Jobs und die Bewerbungsgespräche hierfür sollten schon im späten Herbst in Christchurch auf der Südinsel losgehen. Daher haben wir den Flug von Melbourne nach Christchurch für April gebucht, wohl wissend, dass es früher oder später kalt wird.

Im letzten Artikel haben wir schon geschrieben, was dann passiert ist. Das mit dem Job im Skigebiet haben wir sein gelassen.  Wir haben uns so was ähnliches wie die Alpen vorgestellt, tatsächlich sind es aber ungefähr zwei kurze Pisten mit Schleppliften und ein einsames 100-Seelen-Dorf. Stattdessen sind wir durch die Südinsel getourt und haben uns zum Ende schon immer weiter nach Norden verzogen, weil es empfindlich kalt wurde. Klar kann man sich warm anziehen und zudecken. Es schränkt aber die Aktivitäten und die Zeit, in der wir irgendwas machen können, erheblich ein. Wenn es nur zwischen 10 und 16 Uhr warm und hell genug ist, um draußen zu sein, bleibt nicht mehr viel vom Tag übrig. Wir mussten uns also in wärmere Gefilde verziehen und am besten ein festes Dach über den Kopf suchen.

Wie wärs mit Wwoofing?

Wwoofing, also Unterstützung eines Unternehmens, das die Welt ein bisschen besser machen will, im Austausch für Essen und Unterkunft, haben wir schon vorher in Australien gemacht und die Idee klingt auch für Neuseeland vielversprechend. Die Kombination von Yoga, Arbeiten, Zeit für uns und die herzliche und an Weiterentwicklung interessierte Gemeinschaft damals im Ashram in Fremantle hat uns super gut gefallen. Deswegen haben wir nach etwas ähnlichem in Neuseeland gesucht. Ashram Yoga in Ohui auf der Coromandel-Halbinsel im Nordosten der neuseeländischen Nordinsel klang vielversprechend. Also fragen wir an, ob sie jemanden zum Helfen brauchen und zu unserem Glück ist schon eine Woche später eine Zusammenarbeit fest abgemacht.

Einmal mitten durch die Nordinsel

Wir haben 6 Wochen Rundreise auf der Südinsel hinter uns und sind davon noch mit Eindrücken reichlich gesättigt. Die gründliche Erkundung der Nordinsel planen wir deswegen für Frühling oder Sommer. Für jetzt reichen uns ein paar Stops hier und da, weil wir nur entspannt nach Ohui wollen, ohne jeden Tag stundenlang fahren zu müssen.

Auf unserem Weg ist das häufige Auftauchen von vulkanischer Aktivität im mittleren Teil der Insel sehr auffällig. Ständig dampft es irgendwo, riecht es nach faulen Eiern oder wir fühlen uns wie im Niemandsland von Mordor. Bei Rotorua nutzen wir die Gelegenheit und fahren zu einem Flüsschen mitten im Wald mit dem Namen Kerosene Creek, das für angenehm temperiertes Wasser und kleine Pools bekannt ist. Gut, dass wir in der Nebensaison unterwegs sind, denn noch jetzt kurz vor Wintereinbruch ist der Parkplatz voll und wir lassen uns das übel riechende Mineralwasser zusammen mit einigen Mitstreitern über die Schultern laufen. Wirklich schön so mitten im Grünen, aber der Geruch war für mich ein dringender Grund nicht länger da zu bleiben. „Kerosin Flüsschen“ heißt es nicht umsonst.

Auf Tuchfühlung mit hilfsbereiten Einheimischen

Schön entspannt und froh wieder frische Luft zu atmen, wollen wir uns dann auf die Weiterfahrt machen und bemerken, dass ich in aller Vorfreude mal wieder das Licht angelassen habe. Eine echt nervige Angelegenheit, wegen einer leeren Batterie die netten Einheimischen kennenlernen zu „müssen“. Dafür gibt es auf jeden Fall bessere Gründe. Naja, aber unser Auto ist alt, hat eine schwache Batterie und andere elektrische Probleme, schaltet nicht ins Standlicht um, wenn man den Motor aus macht und es gibt auch keinen Alarmton, wenn man den Schlüssel rauszieht oder die Tür öffnet. Das sind genügend Ausreden für ungenügend Aufmerksamkeit. Inzwischen habe ich dafür eine Eselsbrücke: „Schlüssel raus, Licht aus!“ :). Leer ist aber nun mal leer, also müssen wir das Auto irgendwie wieder ankriegen und wir haben alles probiert. Erst das billige Kabel von Kmart (150mAh): hat nicht funktioniert; Anschieben mit 6 kräftigen Männern aus aller Welt und Kickstart: hat nicht funktioniert; am Ende hat dann ein netter Kiwi seine Familie nach dem Schwefelbad im Geländewagen warten lassen und unsere Batterie mit einem „richtigen“ Kabel (400mAh!) angeschlossen. 3 Minuten Arbeit, keiner schwitzt und es funktioniert sofort. Hinterher sind wir meistens schlauer und durch das verzweifelte Umhilfefragen lernen wir Demut und eventuell auch Gelassenheit.

Weiß hier wer, wo es kostenlose Hotpools gibt?

Nicht alle heißen Quellen sind so angenehm warm wie die Kerosene Creek und sie haben auch nicht alle so eine derbe Note. Viele von den sprudelnden Quellen sind eher heiß mit 80 Grad und mehr. Ein unentdecktes Schmankerl finden wir nach einer nervigen Such-und-nicht-finde-Aktion von angeblich kostenlosen Hotpools, indem wir stumpf das Schild für eventuell privates Maori-Land falsch übersetzen, trotzdem reinfahren und dann an einem ehemaligen Versammlungsort ankommen. Dort gab es eine heiße Quelle in Form von einem dampfenden Wasserloch. Durch den Wind wurde es ab und zu freigelegt und dann sah es durch die abgelagerten Mineralien drumherum wie mit Schnee bedeckt aus. Magisch. Trotzdem zu heiß, um auch nur den Finger reinzustecken. Nach der unglaublich klaren (zweitgrößte Sichtweite der Welt) und schönen Quelle Te Waikoropupū Springs auf der Südinsel, ist das hier wieder so ein spezieller Ort.

 

Einiges vom Rest der Nordinsel auf unserem Weg nach oben ist noch sehr schön, wie zum Beispiel der See Taupo. Es ist aber oft auch sehr karg und durch die fehlende Bewaldung wenig einladend. Die Ostküste mit der „Bay of Plenty“ und Coromandel ist da schon eher nach unserem Geschmack. Mildes Klima, grün, hügelig, feinste kleine Buchten mit Felsen und Klippen aber auch weite weiße Sandstrände. Nicht ohne Grund eines der Lieblingsurlaubsziele von Neuseeländern und Touristen.

Ausblick auf die felsige Küste von Coromandel bei Onemana, Octopus Bay

Übersiedeln nach Ohui zu Ashram Yoga

Weiter nördlich an der Ostküste ist die Coromandel-Halbinsel und dort in der Nähe von Whangamata liegt Ohui am Ende einer Schotterstraße mitten im Nirgendwo. Als wir ankommen regnet es „Katzen und Hunde“ bzw. wie aus Eimern. Toller Empfang. Wir haben nicht mal bemerkt, dass die beiden Häuser von Ashram Yoga direkt hinter den Dünen von einem einsamen Strand stehen. Hier sind 3 Leute zur gleichen Zeit schon eine Menschenmasse.

Maria am Strand von Ohui. Heute mal wieder unser Privatstrand, wie fast immer.

Wir werden empfangen von Amrit und Menschen, die gerade den Ashram verlassen, weil das Retreat vom Wochenende gerade zuende gegangen ist. Als alle weg sind, ist es plötzlich leer und sehr ruhig. Amrit sieht aus wie vom Wochenende sehr erschöpft und ist nicht gerade die beste Unterhaltung. Wir schieben das einfach auf Anfangsschwierigkeiten. Zum Abendessen bekommen wir die besten „Reste“ seit langem und wir freuen uns über unser neues Zuhause in einem der kleinen Wohnwagen – mit Heizung! Auch wenn es hier oben noch gar nicht so kalt ist. Ein Sprung von 500 km weiter nördlich im Vergleich zur Südinsel macht schon echt was aus.

Die besten Reste für uns als Willkommensgeschenk. Auch wenn Maria die Naans gemacht hat und das Bild von viel später ist ;)

Ein(siedler)leben im Ashram

Als wir die Zusage bekommen haben, wurde auch vereinbart, dass wir erstmal 2 Wochen bleiben. So haben beide Seiten Zeit zum kennenlernen, bevor wir uns auf eine längere Zeit festlegen. Am Anfang wird uns alles in der neuen Umgebung gezeigt, schließlich sollen wir hier mithelfen und also auch wissen, wo alles steht. Währenddessen lernen wir die Familie kennen, die den Ashram/das Retreat leiten. Dazu gehören die beiden quirligen Kinder Laszlo und Astrid.

Familie in Ohui beim Geburtstagskuchen

Atma ist „Oberyogalehrerin“ und Direktorin, und der Ehemann fürs Grobe und die Küche ist Prsaat. Shanti ist der Opa, Gründer vom Ashram und das spirituelle Oberhaupt. Amrit, kümmert sich um das Büro und einige der Retreats als Yoga- und Meditationslehrerin. Mit uns sind das schon alle Zweibeiner, die in Ohui dauerhaft leben. Vergessen dürfen wir dabei natürlich nicht die Hunde Buff (guckt böse und bellt, wenn Autos kommen, sonst kuschelt er meistens) und Izzy (bellt auch, aber bei ihr muss man eher aufpassen sie nicht umzufahren).

Hunde Buff und und Izzy streicheln, ist eine enorm wichtige Aufgabe im Ashram.

Die Therapiekatze Kitty „kümmert“ sich eher um das Innere des Hauses. Sie schmust auch gerne, liebt Käse und hält die Mäuse- und Kaninchenpopulation unter Kontrolle. Nebenbei, aber nicht extra eingeladen, laufen hier noch haufenweise Pukekos und andere Vögel durch den Garten.

Kitty im Altweibersommer

Die ersten Wochen ist hier jedenfalls rein gar nichts von dem fortschreitendem frostigen Winter der Südinsel zu spüren. Es fühlt sich eher an wie ein ewiger Altweibersommer. Nur halt am Strand und ohne buntes Blattwerk. Soweit haben wir uns eingelebt, fühlen uns wohl und haben scheinbar alles richtig gemacht. Wer uns auf Instagram verfolgt, weiß schon, dass wir am Ende den ganzen Winter hier geblieben sind. Warum aus 2 schönen Wochen 4,5 Monate mit vielen Höhen und Tiefen geworden sind, was das Retreat eigentlich macht, wie es aussieht und was wir hier machen, gibt es in den nächsten Artikeln zu lesen.

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3 Kommentare

  1. Hey Micha, hey Maria, wir kennen uns aus der Rednermanufaktur in Stuttgart. Ich arbeite mich jetzt nach langer Zeit mal durch Euren Blog – ich wollte schon länger mal herausfinden, was aus Euch geworden ist! Bin übrigens immer noch bei Toastmasters, jetzt bei Noris in Nürnberg. Hab vor einem Jahr meinen irischen Mann geheiratet, der ein großer Fan von Nürnbergs mittelalterlichen Stadtmauern ist. Bin gespannt, wohin Ihr als nächstes wandert, und wie es für Euch weitergeht!
    Gruß, Ute

    • Hallo Ute
      Es ist schön von dir zu hören und gleich mit so guten Nachrichten. Herzlichen Glückwunsch! Wir hatten uns schon gefragt, ob deine E-Mail noch aktuell war, aber offensichtlich doch. Stuttgart ist inzwischen auch schon eine ganze Weile her. Wir haben doch glatt erst verpasst das „Zweijährige“ zu feiern.
      Der nächste Artikel steht schon in den Startlöchern!
      Viele Grüße aus Hastings, NZ.
      Micha

  2. Ein herzliches Hallo rund um die Erde zu Maria und Micha! Freue mich sehr über Euren Bericht, dass es Euch gut zu gehen scheint und warte auf die Fortsetzung. Liebe Grüße von der Lehde sendet Isolde

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